Dienstag, 5. Dezember 2023

Mehr Einsatz für Inklusion gefordert

Der MDR berichtet anlässlich des Tags für Menschen mit Behinderung über den Stand der Inklusion in Deutschland

Fehlende Bereitschaft zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Die Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention Britta Schlegel kritisiert die fehlende Bereitschaft, die Vorgaben der UN-Konvention umzusetzen. Sie fordert den schrittweisen Abbau von Sondereinrichtungen in den Bereichen Wohnen, Bildung und Arbeit.

Inklusives Gesundheitssystem

Auch der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hatte Verbesserungen angemahnt. In den im Oktober 2023 veröffentlichten „Abschließenden Bemerkungen“ wird der Aufbau eines inklusiven Gesundheitswesens gefordert - mit flächendeckender Barrierefreiheit sowie Aus- und Fortbildungen von medizinischem Personal.

Selbstbestimmung stärken

Diskriminierungsschutz und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen sind dabei wichtige Pfeiler: Menschen sollen barrierefrei und gut informiert und selbstbestimmt über Behandlungen entscheiden können. Bei der Entwicklung eines Aktionsplans müssten Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache durchgehend und bei jedem Schritt beteiligt werden.

Welttag der Menschen mit Behinderungen seit 1992

Den Welttag gibt es seit 1992. Damals hatte die UN-Generalversammlung den 3. Dezember zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen erklärt, um auf die Lebenssituation dieser Menschen aufmerksam zu machen und gleichzeitig deren Teilhabe und Gleichstellung einzufordern.


Donnerstag, 30. November 2023

Viele Menschen mit Behinderung sind arbeitslos

Das Handelsblatt kritisiert, dass Unternehmen das Potential von Menschen mit Behinderung nicht ausnutzen.

Arbeitslosenquote doppelt so hoch

Der Inklusionsbarometer Arbeit zeigt, dass die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung doppelt so hoch ist wie der übrigen Teilnehmer: Von den rund 1,49 Millionen Menschen mit einer Behinderung, die dem regulären Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, waren im Jahr 2022 durchschnittlich 163.500 arbeitslos – also jeder neunte.

Viele Betriebe beschäftigen nicht genug Behinderte

Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung verpflichtet. Nur 39 % erfüllen die Quote von 5 % und müssen deshalb die monatliche Ausgleichsabgabe zahlen.

Bessere Informationen geplant

Ein wichtiger Hebel für eine Verbesserung könnte die Einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber sein. Sie bündeln die Informationen und Unterstützungsmaßnahmen bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung.
Dieses niedrigschwellige Angebot soll insbesondere die kleineren Unternehmen ansprechen, deren Arbeitsplatzreservoir noch nicht ausgeschöpft ist, so die Studie.


Dienstag, 28. November 2023

Bundesteilhabegesetz in Theorie und Praxis

 Die Berufsfachschule für Arbeitserziehung der Ludwig-Schlaich-Akademie bietet eine Fortbildung zur „Geprüften Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung“. Ziel ist es, Menschen mit Unterstützungsbedarf Teilhabe an Arbeit und beruflicher Bildung zu ermöglichen, sie in ihrer Entwicklung zu begleiten und ihre Selbstbestimmung zu fördern.

UN-Behindertenrechtskonvention und Bundesteilhabegesetz

Meine Unterrichtseinheiten behandeln die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz: Beide Rechtsakte zielen darauf, Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Anhand der Beispiele der Teilnehmenden werden wir neben der Theorie auch die Praxis diskutieren.

Projekt zur Europa- und Kommunalwahl

Die Teilnehmer*innen werden auch beim Aktionstag zur Kommunal- und Europawahl dabei sein, das ich gemeinsam mit einer Kollegin für zwei Kurse plane. Ziel ist auch hier die Teilhabe aller Menschen zu ermöglichen. Bereits 2019 zur Europa- und Kommunalwahl und 2021 zur Landtagswahl hatten wir gemeinsam Veranstaltungen durchgeführt, die ersten Besprechungen zeigten, dass die Teilnehmerinnen noch weitere tolle Ideen haben.

Weitere Informationen finden Sie auf meiner Homepage.


Samstag, 28. Oktober 2023

Wir können alles - außer Hochdeutsch

In einer neuen Seminarreihe dreht sich alles um Baden-Württemberg: Geschichte, Land und Leute, Wirtschaft und Politik. Die Veranstaltungen führe ich im Rahmen einer Kooperation von VHS Stuttgart und ATRIO Leonberg durch. Sie folgt auf eine erfolgreiche Veranstaltungsreihe zum Thema Europa im letzten Semester.
 

Wir bauen Baden-Württemberg


Zum Beginn des Seminars haben wir ein Puzzle von Baden-Württemberg gebaut – das war an manchen Stellen gar nicht so einfach. Die Teilnehmer*innen berichteten von ihren Heimatstädten und den Orten, die sie bereits besucht wurden: Stuttgart, Heidelberg, Freiburg, Schwarzwald und Bodensee. Alle waren sich einig: Es gibt viele schöne Orte bei uns!
 

Badener und Württemberger

Die Geschichte der Badener und Württemberger beginnt lange vor der Gründung des Bundeslands 1952. Noch heute gibt es viele Unterschiede und Besonderheiten – vom Essen, den Meedala (Eigenheiten) hin zur Sprache. Während die Teilnehmer*innen beim Schwäbisch-Test problemlos Breschdling, Gsälz und Grombiera zuordnen konnten, war der Badisch-Test etwas schwerer.
 

Geschichte(n), Wirtschaft und Politik


Im letzten Teil ging es um berühmte Menschen aus Baden-Württemberg. Auch hier waren viele Personen bekannt – von Albert Einstein über Robert Bosch und Gottlieb Daimler zu Boris Becker. Über einige werden wir noch sprechen. Die Inhalte der weiteren Termine werden wir gemeinsam bestimmen. Beginnen werden wir mit Geschichte(n) und den berühmten Erfindern. Vor dem Hintergrund der Kommunalwahlen wird es auch noch um Politik gehen.
 

Schwerpunkt Europa- und Kommunalwahl


Die Veranstaltungsreihe ist ein Teil meines Schwerpunkts zur Europa- und Kommunalwahl 2024. Hier finden Sie auch weitere Vorschläge zum Thema Baden-Württemberg“.

Mittwoch, 18. Oktober 2023

Wie kann Inklusion besser gelingen?

Alice Pesavento fragt auf ZDF-Homepage, wie Inklusion besser gelingen kann.

Mehr Menschenrechtsbildung und Partizipation

Der Deutschen Behindertenrat fordert mehr Menschenrechtsbildung. In Deutschland gebe es noch ein Schubladendenken. Es braucht eine Bereitschaft, Inklusion wirklich zu wollen und Unterschiedlichkeit der Menschen wertzuschätzen.

Bildung als Schlüssel

Studien zeigen, dass schulische Inklusion zu mehr Toleranz und Hilfsbereitschaft führt. Noch immer geht die Mehrheit der Kinder mit Förderbedarf auf eine Förderschule. Diese Parallelstruktur setzt sich in den Werkstätten fort, in denen mehr als 310.000 Menschen beschäftigt sind.

Mehr Schutz vor Diskriminierung

Ein weiterer Hebel für bessere Inklusion wäre ein besserer Schutz von Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung. Die Pflicht zur Barrierefreiheit sollte auch für private Anbieter von Waren und Dienstleistungen gelten. Hier sind pragmatische Lösungen möglich: So müsse eine Firma, die beispielsweise einen blinden Mitarbeiter beschäftigt, nur seinen Computer mit einer Braillezeile ausstatten und nicht direkt alle Computer in der Firma.

Getrenntes statt gemeinsames Lernen

Das es noch ein weiter Weg zur Inklusion ist, zeigt ein Bericht des ZDF-Magazin, den Sie von der Seite abrufen können. Sie zeigt eine Schülerin, der die Unterstützung gestrichen wurde und die letztlich auf eine private Schule wechseln musste.

Donnerstag, 14. September 2023

Rechte von Menschen mit Behinderungen: Schlechte Noten für Deutschland

Franziska Schindler berichtet im SPIEGEL über das Urteil über die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention:  Schlechte Noten für Deutschland

Schmach bei der Anhörung

Der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderung kritisierte in scharfen Worten die Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland. 26 Vertreter von Bund und Länder waren nach Genf gereist und mussten sich undiplomatisch anhören, dass Deutschland schlecht dasteht.

Umsetzung der Konvention stockt

Seit 2009 ist das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung für Deutschland verbindlich. In der Vereinbarung ist etwa das Recht auf inklusive Bildung verankert, aber auch auf selbstbestimmtes Wohnen und die gleichberechtigte Teilhabe am politischen Leben. Nach 2015 wurde Deutschland nun zum zweiten Mal überprüft. Obwohl sich die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag einiges vorgenommen hatte, stockt die Umsetzung.
Die Regierung wollte unter anderem drei überarbeiten, um „in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber bei der Mobilität, beim Wohnen, in der Gesundheit und im digitalen Bereich, barrierefrei“ zu werden.

Kritik an Abschottung

Keines der Gesetzentwürfe ist bisher auf den Weg gebracht. Der Ausschuss kritisiert insbesondere die Abschottung von Menschen mit Behinderungen– von der Schule über Werkstätten bis hin zu Wohnheimen. Sie fordern das ganze System zu hinterfragen. 

Kampf um Barrierefreiheit

Der Artikel beschreibt den Kampf um einigen Aufzug, den Eltern für ihr Kind führen, von dem aber natürlich auch andere profitieren können. Es schmerzt sie, wenn immer wieder gefragt wird: »So viel Geld für ein Kind?«
Für die Barrierefreiheit von Gebäuden sind Bund, Länder und Kommunen verantwortlich. Während der Bund sich verpflichtet, alle neuen Gebäude barrierefrei zu gestalten, gibt es in den Regelungen auf Landesebene Hintertüre, wenn ein „unverhältnismäßiger Mehraufwand“ besteht. Folglich sind Betroffene auf den guten Willen Einzelner angewiesen.

Probleme mit Barrierefreiheit auch im privaten Bereich

Der Koalitionsvertrag wollte auch private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zum Abbau von Barrieren zu verpflichten. Aber auch hier hakt es. Nur jede zehnte Arztpraxis bezeichnet sich als barrierefrei. Einen Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitssystem hatte die Ampel bis Ende 2022 angekündigt. Vorgelegt wurde er auch auf Drängen von Betroffenen bislang nicht.

Regelungen durch drei Gesetze geplant

Am umfassendsten könnte die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geregelt werden. Dieses liegt in der Kompetenz des liberal geführten Justizministeriums. Auch eine Überarbeitung des Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) oder des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) könnte die Lage für Behinderte verbessern, für beide Gesetze ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zuständig. Denkbar wären, dass zum Beispiel die Bahn bezahlen müsste, wenn Aufzüge nicht funktionieren. Andere Staaten wie die USA und Großbritannien sind bei der Verpflichtung von Privaten viel weiter. Bis zum Frühjahr 2024 sollen die Vorschläge endlich auf dem Tisch liegen.

So ein reiches Land tut so wenig

Entsprechend viel auch das Urteil des Uno-Ausschuss aus: „Das hier ist eine der schlechtesten Staatenprüfungen, die ich je erlebt habe“, sagt Vize-Vorsitzende Gamio. »So ein reiches Land tut so wenig«. Uneinigkeiten gibt es auch bei der Interpretation der Konvention. Mehrfach hatte die Bundesregierung dem Fachausschuss erklärt, die Konvention in Bezug auf Bildung oder in mit dem Betreuungsrecht verbundenen Fragen anders auszulegen.

Hat Deutschland viel erreicht?

Voraussichtlich Mitte September werden die Empfehlungen des Uno-Ausschusses verkündet. Auch die Anhörung wird ganz unterschiedlich interpretiert, so schreibt das Sozialministerium, dass Deutschland seit der letzten Staatenprüfung 2015 viel auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft erreicht hat.«

Freitag, 18. August 2023

Björn Höcke: Die Schwachen will er raushaben

Roland Preuß analysiert in der Süddeutschen Zeitung das Interview mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke: Die Schwachen will er raushaben.

Die Schwachen will er raushaben

Neben den großen Linien über Geopolitik verdeutlichte Höcke auch, wie er sich die Schulen bei einer Regierungsbeteiligung vorstellt: Er möchte Inklusion beenden - Lernschwache und Menschen mit Behinderung müssen raus. Die vermeintlich Schwachen müssen anderswo unterkommen, um die stärkeren "Normal"-Schüler nicht auszubremsen.

Die Realität ist kompliziert, aber das Ziel ist gerecht und richtig

Inklusion ist kein einfaches Projekt und bei vielen Eltern nicht populär. Es gibt viele Probleme, Lehrkräfte fühlen sich überfordert, auch Schüler sind manchmal genervt, aber: „Das Ziel aber ist richtig: möglichst viele Schülerinnen und Schüler trotz ihrer Schwierigkeiten in der Mitte der Gesellschaft aufwachsen und lernen zu lassen. Darauf haben sie ein Recht.“

Zuwandererfamilien wären besonders betroffen

Die eiskalte Leistungslogik Höckes zielt auch auf Zuwanderungsfamilien, die er als Ursache für die angebliche Misere ausmacht. Eine Forderung mit Sprengkraft, denn fast 40 Prozent aller Zehn- bis Fünfzehnjährigen haben einen Migrationshintergrund – und sind ein
Teil von Deutschlands Zukunft.

Mittwoch, 12. Juli 2023

Neues BpB-Dossier "Behinderung"

In einem neuen Dossier auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung geht es um Behinderung. Ein Blick auf die einzelnen Bereiche zeigt die Fortschritte, macht aber auch deutlich, dass noch viel zu tun ist. Einige der Artikel möchte ich hier vorstellen:

Behinderung – was ist das eigentlich?

Laut Sozialgesetzbuch sind Menschen mit Behinderungen „Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können“.
Behinderung ist eine komplizierte, multidimensionale und facettenreiche Sammelkategorie – soziale und kulturelle Normen haben einen großen Einfluss darauf, was als Behinderung gesehen wird. Die Barrieren in einer Gesellschaft sind ebenfalls als Merkmal der Behinderung(en) zu sehen. Sie behindern Menschen beispielsweise beim Wohnen, Arbeiten oder in ihrer Mobilität.
In ihrem Bericht zeigt Swantje auf, dass es sich um eine komplexe und relative Kategorie handelt, die sich historisch auch immer wieder geändert hat.

Teilhabe und Inklusion

Dieter Kulke beschreibt die Bedeutung von Inklusion, nämlich „alle einzubeziehen, im Bildungssystem, im ersten Arbeitsmarkt, aber auch in kulturellen Einrichtungen“.
Er zitiert meine Lieblingsdefinition der Aktion Mensch: „Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehören“.
Es gibt Veränderungen im Verständnis: 

  • Die Perspektive verschiebt sich vom Individuum auf die Gesellschaft
  • Menschen müssen in ihrer ganzen Vielfalt und Diversität berücksichtigt werden
  • Es geht um gesellschaftliche Institutionen für verschiedene Lebensbereiche: Wohnen, Arbeit, Gesundheit…

Die Ergebnisse des Dritten Teilhabeberichts zeigen deutliche Defizit: Die Arbeitslosigkeit ist deutlich höher, die wirtschaftliche Situation ist schwieriger und auch die Teilhabe an der Politik geringer. Menschen mit Behinderungen interessieren sich weniger für Politik und haben auch wenig Vertrauen in die Politik. Es geht also auch um eine Stärkung der Demokratie: Inklusion ist nicht nur eine menschenrechtliche Verpflichtung, sondern auch gut für die nicht-beeinträchtigten Menschen und die ganze Gesellschaft.

Politische Repräsentation von Menschen mit Behinderungen in Deutschland

Lillit Grigoryan betont in ihrer Analyse ebenso die Defizite: Menschen mit Behinderungen wurden in nationalen und internationalen Gesetzen lange Zeit nicht berücksichtigt. Inzwischen ist das Recht auf Partizipation gesetzlich vorgeschrieben. Noch immer aber können Behindertenverbände – insbesondere auf Länderebene – nicht umfassend und effektiv an Entscheidungsprozessen teilnehmen.

UN-Behindertenrechtskonvention - Anspruch und Wirklichkeit

Fortschritte bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention sieht Valentin Aichele, der bis 2020 die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention geleitet hat.
Das Übereinkommen hat das Ziel, die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe und den Genuss der Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen sicherzustellen

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens 2009 war Deutschland alles andere als eine inklusive Gesellschaft. Denn in den Lebensbereichen Bildung, Wohnen und Arbeit gab es zum Beispiel viele Strukturen, die eher eine trennende Wirkung hatten und Menschen mit Behinderungen praktisch aussonderten: Diese Sondersysteme galten als Errungenschaft, wurden von vielen aber kritisiert. Das Fortbestehen der Systeme wurde bei der letzten Prüfung kritisiert.
In einigen Punkten ist Deutschland vorangekommen

  • Der Ausschluss vom Wahlrecht wurde überwunden
  • Auf Basis einer EU-Richtlinie wurde der gleichwertige Zugang zu Gütern und Dienstleistungen verbessert, v.a. durch die Förderung der Barrierefreiheit.
  • Die Selbstbestimmung wurde gestärkt: Wunsch und Willen der betreuten Personen müssen stärker bewertet werden.

Viele Menschen mit Behinderungen waren in Zeiten der Pandemie teilweise besonders belastet und gefährdet. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde bestimmt, dass im Falle einer Zuteilung von Ressourcen nur aufgrund der aktuellen Überlebenswahrscheinlichkeit getroffen werden kann.

Mit Behinderungen ist zu rechnen – ein Essay

Ottmar Miles-Paul kritisiert in seinem Essay die Umsetzung der Inklusion und Barrierefreiheit. Dass Deutschland zuweilen als „Aussonderungsweltmeister“ bezeichnet wird, hat durchaus seine Berechtigung. Historisch gewachsene Behinderteneinrichtungen wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und die karitative statt menschenrechtlich orientierte Ausrichtung der Dienstleistungen dominieren immer noch weitgehend die Unterstützungsangebote für behinderte Menschen.
Auch mit der Ampel-Koalition ist er unzufrieden. Es gab im Koalitionsvertrag zwar vielversprechende Ansätze, die Praxis zeigt bisher nur Ankündigungen statt verbindlicher Vorhaben.


Freitag, 30. Juni 2023

Über Demokratie reden

Es ist ein tolles Projekt, an dem ich mitwirken durfte. Das Kinder-Jugend-Kulturzentrum Neckarsulm bietet im Rahmen eines Projekts zahlreiche Aktionen, um Demokratie in unterschiedlichen Formen umzusetzen.  Bei zwei Seminaren an der Astrid-Lindgren-Schule haben wir über Demokratie geredet.

Wie können wir mitbestimmen?

Nach anfänglichem Zögern kam doch einiges zusammen: ob Auswahl der Kleider, Planung der Freizeit oder die Disco in der Schule – die Teilnehmer*innen können einiges mitbestimmen.

Demokratie beginnt im Kleinen

Unter der Fragestellung „Was wünsche ich mir“ erarbeiteten die Schüler*innen in Gruppen viele Ideen, die wir im anschließenden Gespräch besprochen haben. Von weniger Streit in der Schule, Verbesserungen an der Schule war die Hoffnung auf einen guten Job.
Mitbestimmen in der großen Politik
Im letzten Teil ging es um die „große“ Politik – wie können wir dort mitbestimmen? An Wahlen – einer der wichtigsten Form der Mitbestimmung – dürfen die Schüler*innen der Berufsschule nächstes Jahr teilnehmen.

Angebote zur Europa- und Kommunalwahl 2024

Zur Europa- und Kommunalwahl 2024 biete ich einige Informationen und Vorschläge für Veranstaltungen.

Freitag, 23. Juni 2023

Special Olympics – Inklusion im öffentlichen Bewusstsein

Die Special Olympics in Berlin waren ein großer Erfolg – darin sind sich die meisten Kommentatoren einig. Über 70.000 Athleten mit geistiger und teilweise auch körperlicher Beeinträchtigung haben teilgenommen - und wurden von den über 300.000 Zuschauern gefeiert.

Spiele der großen Emotionen

Tom Mustroph nennt die Veranstaltung in der TAZ die „Spiele der großen Emotionen.“ Für ihn war interessant, dass Tag für Tag bei diesen Weltspielen dieser letztere Teil der Chronistenpflicht immer mehr in den Hintergrund geriet. Die ganzen medizinischen Kategorisierungen gingen einfach über Bord. Nun gilt es Vereine zu finden, die inklusive Angebote machen.

Positive Bilanz, aber noch weit vom Mainstreamsport entfernt

Auch das Redaktionsnetzwerk betont die positiven Seiten, betont den Abstand zum Mainstreamsport. Viel zu oft bekommen die Athleten noch Barrieren zu spüren, aber immerhin wurde das Thema wahrgenommen.

Doppel-Wumms für Inklusion

Das ZDF lobt die neuen Maßstäbe, die die Spiele gesetzt haben. In Anlehnung an Äußerungen des Bundeskanzlers hofft sie auf einen Doppel-Wumms für die Inklusion: Den Athleten haben wir es zu verdanken, zu beobachten, dass und wie Inklusion funktioniert. Dazu haben auch 20.000 freiwilligen Helfer beigetragen, die für einen reibungslosen Ablauf sorgten.

Freitag, 19. Mai 2023

Deutscher Tag der Diversität

Am 23. Mai war Diversity-Tag mit vielen tollen Aktionen.

Charta der Vielfalt

Die Homepage Charta der Vielfalt präsentiert einige der Organisationen, die sich am Tag beteiligt haben.
Ihre Überzeugung: Diversity darf nicht zur Nebensache werden. Deshalb ist es umso wichtiger, Vielfalt öffentlich zu feiern. Jede Organisation, jede Aktion trägt dazu bei, ein Bewusstsein für Diversität zu schaffen, den Themen und den Menschen einen Raum zu geben, indem sie über Vielfalt sprechen und in den Austausch kommen können. Egal ob in der Kantine, auf einem Podium, im Intranet, im Büro oder an der Werkbank.

Dokumentationen in der ARD-Mediathek

Auch die Medien verweisen auf den Diversity-Tag, unter anderem der Südwestrundfunk. Verwiesen wird auf interessante Dokumentationen, unter anderem:
Patricks Weg von den Lebenshilfe-Werken zur Straßenmeisterei Trier
Die Schauspielerin mit Downsyndrom Luisa Wöllisch darf im Theater endlich andere Rollen spielen als im Film
Im Rollstuhl den Jakobsweg pilgern – dank Freunden und Teamwork



Samstag, 29. April 2023

Seminarreihe in leichter Sprache über Migration und europäische Staaten

Unter dem Motto „Wo kommst du denn her? -Vielfalt bei ATRIO“ startete eine neue Seminarreihe in leichter Sprache. Beim ersten Termin ging es um einen Überblick über Europa und Zuwanderung

Seminare über europäische Staaten

Gemeinsam mit der Gruppe haben wir uns für Ländern entschieden, über die wir in den nächsten Seminaren sprechen: Italien, die Türkei, den Balkan sowie Spanien und Portugal. Dabei werden die Teilnehmenden einen wichtigen Beitrag leisten, denn sie sind die Expert*innen, wenn es um Land und Leute, Sprache und Essen geht.

Weitere Angebote

Weitere Informationen finden Sie auf meiner Homepage.  Hier finden Sie auch meine Angebote zur Kommunal- und Europawahl 2024.


Donnerstag, 13. April 2023

Hotel statt Werkstatt - Ausbildung im Inklusionshotel einsmehr

In der Süddeutsche Zeitung berichtet Florian Fuchs über ein tolles Projekt in Augsburg, das Leute in den allgemeinen Arbeitsmarkt bringt, die sonst durch jedes Raster fallen.

Preisgekröntes Inklusionsunternehmen

Das Inklusionshotel „Einsmehr“ in Augsburg hat nicht nur den Bayerischen Tourismuspreis gewonnen, sondern auch eine bundesweit einmalige Ausbildung für Menschen mit Beeinträchtigung geschaffen. Das Hotel ist als Projekt aus einer Initiative von Eltern aus dem Großraum Augsburg hervorgegangen, deren Kinder das „Down-Syndrom“ haben: Das Chromosom 21 ist dreimal statt zweimal angelegt, eins mehr eben.

Keine passenden Ausbildungsmöglichkeiten  

Ob Housekeeping oder Service -viele Menschen, die zuvor in Werkstätten gearbeitet haben, sind nun hier fest angestellt. Noch mangelt es aber an der passenden Ausbildungsmöglichkeit. Es fehlen Ausbildungsgänge zwischen dem Niveau „Fachpraktiker“, also einer vereinfachten, vor allem praktischen Ausbildung, und der Tätigkeit in einer Werkstatt. Menschen.

Geduld ist notwendig

Der Umgang mit den Menschen mit Beeinträchtigungen erfordert Geduld und Umdenken, so sind unterschiedlichen Putzmittel für Bad und andere Bereiche sind mit Farben versehen, damit es keine Verwechslungen gibt. Manche arbeiten auch in anderen Hotels – mit positiven Veränderungen für die Teams.

Idee auf andere Branchen übertragen

Die Verantwortlichen wollen die Ausbildungsidee auf andere Bereiche übertragen -aber niemand fühlt sich zuständig. Es geht um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und eines Grundrechts – der Teilhabe am Arbeitsmarkt.

Das Hotel ist erfolgreich

Der Erfolg gibt den Verantwortlichen recht. Einige Ausgebildete haben mit ihrem Zertifikat eine feste Anstellung bekommen. Das Hotel hat eine hohe Auslastung. Das gründet nicht nur auf Ambiente und Konzept des Hotels, sondern auch auf den Mitarbeiterinnen und der laut Dusel „angenehmen Stimmung“ im Haus.

Donnerstag, 9. März 2023

Behindert und auf Jobsuche

Eine Doku des Norddeutschen Rundfunks begleitet behinderte Menschen bei der Arbeitssuche.  In der Dokumentation werden einige Menschen mit Behinderungen bei ihrer Jobsuche begleitet, meistens mit großen Schwierigkeiten, aber in einigen Fällen durchaus mit Erfolg. Besondres erschütternd ist, dass eine Person jahrelang dagegen kämpfen musste, abgestempelt zu werden.

Recht auf Job auf dem ersten Arbeitsmarkt funktioniert nicht

Obwohl der Übergang auf den Arbeitsmarkt staatlich mit viel Geld und Personal gefördert wird, haben ihn bisher von rund 320.000 Beschäftigten in den Behindertenwerkstätten nur ganze 1.500 Personen geschafft. Weniger als ein halbes Prozent: eine verheerende Bilanz. Für Ulrich Schreibner, der früher selbst Geschäftsführer war, haben Werkstätten gar kein Interesse an der Vermittlung.
Aber auch die Unternehmen kommen ihrer Pflicht nicht nach. Sie zahlen lieber eine Abgabe (im Film zurecht Peanuts genannt).

Positive Beispiele

Der Film zeigt aber auch Positives. Zum einen die Probanden, die mit viel Engagement versuchen dem System zu entkommen. Zum anderen zeigt das Beispiel einer Behindertenwerkstatt, dass es auch anders geht. Hier kümmern sich Jobcoaches um die Mitarbeiter, durch ein anderes Honorarsystem haben die Werkstätten keinen Anreiz, Mitarbeiter im System zu halten.

Samstag, 18. Februar 2023

Inklusion - die andere Zeitenwende

In der Süddeutschen Zeitung fordert Heribert Prantl eine Zeitenwende der anderen Art – ein Ausgleich der Ungerechtigkeiten durch Behinderung.

Inklusion als substanziell Demokratisches

Prantl betont, dass es sich bei Inklusion um ein gewaltiges demokratisches und gesellschaftliches Projekt handelt - um die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die normale Alltagswelt, so gut es nur geht. Es geht um Zugänglichkeiten – zu Gebäuden und Verkehrsmitteln, aber auch zur Gesellschaft: Bildung, Ausbildung, das Arbeits- und Freizeitleben. Es ist ein mühevoller Lernprozess für alle Beteiligte. Inklusion ist ein anderes Wort für Sozialstaat; es ist ein anderes Wort für Demokratie, weil Demokratie mehr ist als ein Wahlritual; sie ist eine Wertegemeinschaft.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Eine Behinderung kann jeden treffen, nur rund fünf Prozent an behindert, alle anderen sind im Laufe des Lebens durch Unfall oder Krankheit betroffen. Es ist eine Frage des Schicksals. Eine fürsorgliche Gesellschaft hat deshalb die Aufgabe, dass diese Menschen reale Chancen haben, Prantl nennt dies „Schicksalskorrektur“.

Der wichtigste Satz unserer Republik

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – das Grundgesetz mit diesem grandiosen Artikel 1 wird nächstes Jahr 75 Jahre, seit 30 Jahren steht in Artikel 3 "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Es gilt die Ausgrenzung eines Zehntels der Gesellschaft zu beenden – „Inklusion beginnt daher mit der Sichtbarmachung; und sie verwirklicht sich in exzellenter medizinischer Behandlung und Begleitung und kreativer sozialer Betreuung.“ Die Grundsätze bedingen ein Nachteils- und Schicksalsausgleich, d.h. eine Bevorzugung von Kindern mit Behinderung ist geboten. Die Demokratie muss alles dafür tun, dass alle dazugehören: Zugang zum Gesundheitssystem, Bildung und Arbeitsleben.

Inklusion als gewaltiger Mehrwert

Für die Schule fordert Prantl eine „kluge Pädagogik im Einzelfall“, eine räumliche Eingliederung allein reicht nicht. Inklusion darf nicht zum Streichen von Förderschulen genutzt werden, sie können Kindern einen geschützten Raum mit wenig Leistungsdruck bieten. Auch diese Zeitenwende kostet Geld, hat einen gewaltigen Mehrwert, weil die Kultur des Helfens die Gesellschaft wunderbar verändern kann.
Eine inklusive Gesellschaft entwickelt frühzeitig ein anderes Bild vom Menschsein: Es wird nicht mehr nur am Lineal von Ökonomie und Leistungsfähigkeit gemessen. Hilfebedürftigkeit gehört zum Menschsein: Das lehrt die Inklusion.

Die Stärke misst sich am Wohl der Schwachen

Der mutige Satz "Die Stärke eines Volkes misst sich am Wohl der Schwachen" steht es in der Präambel der Schweizer Verfassung. Die sogenannten Schwachen brauchen gute Hilfe und Assistenz, dann sind sie stark. Und ein starker Staat ist ein Staat, der sich um das Wohl der Schwachen kümmert, dabei merkt, dass die Schwachen gar nicht so schwach sind - und dann ihre Stärken, die Perfektion des Unperfekten, zu schätzen lernt. Das ist dann wirklich eine Zeitenwende.

Samstag, 28. Januar 2023

Der Ukraine-Krieg in leichter Sprache

Es ist schwierig und emotional über den Ukraine-Krieg zu reden. Bei Menschen mit Behinderung gilt dies in besonderem Maße, das das Thema angstbehaftet ist. Es gibt gute Informationen in leichter Sprache, die ich auch in einem meiner Seminare eingesetzt habe.

Seminar in leichter Sprache

Bei der Reihe „Allgemeinbildung einfach erklärt“, die ich in Kooperation von VHS Stuttgart und ATRIO Leonberg durchführen, können die Teilnehmenden die Themen bestimmen. Da ich es wichtig finde über alle Probleme zu reden, bin dich gerne dem Wunsch nachgekommen. Beim Seminar ging es nicht nur um Gründe und Verlauf des Krieges, sondern auch die Sorgen, die das Thema auslösen. Weitere Informationen finden Sie auf meiner Homepage

Informationen zum Ukraine-Krieg in leichter Sprache

Besonders gut gefallen haben mir das Dokument der Lebenshilfe, besonders der Abschnitt über den Umgang mit Angst. Die Expert*innen schlagen vor, mit anderen über Ängste zu reden, aber auch mal die Nachrichten auszuschalten, wenn es zu viel wird.
Weitere interessante Quellen sind die Angebote des NDR in leichter Sprache und Nachrichtenleicht.

Samstag, 21. Januar 2023

Wie Kinder behindert gemacht werden

Das Politikmagazin Monitor berichtet über Inklusion an Schulen und einen unglaublichen Vorwurf: Immer mehr Kinder in Regelschulen werden für „behindert“ erklärt – mit schwerwiegenden Folgen für sie und ihre Familien.

Deutlicher Anstieg aufgrund finanzieller Gründe

Die Zahl der Kinder mit geistiger Behinderung ist deutlich gestiegen – von rund 78.000 2009 auf über 100.000 2021. Ein möglicher Grund: Schulen erhalten mehr Ressourcen. Der Erziehungswissenschaftler Hans Wocken beklagt, dass wahllos Kinder etikettiert werden, die früher als ganz normale, schwache Schüler galten.

Inklusion hat noch gar nicht angefangen.

Das Fazit von Hans Wocken ist entsprechend negativ: Im Grunde genommen hat Inklusion noch gar nicht angefangen. Denn der Beginn der Inklusion wäre, die Schüler mit Behinderung dürfen die Sonderschule verlassen." Eine Besserung ist nicht in Sicht – im Gegenteil. Die Kultusministerkonferenz freut sich, dass die Zahl der Schüler mit Behinderungen an Regelschulen stetig steigt.