Donnerstag, 31. August 2017

Die anderen müssen erst mal...

Hier ist nun der zweite Teil meiner Frust-Blogs unter dem Motto „Macht es erst mal besser“ – dieses Mal geht es um die Haltung einiger Unterstützer/innen

Wer nicht für uns ist, ist gegen uns

Neben überwiegend positiven Erfahrungen beim Kongress „Inklusiv politisch bilden“ 2015 bin ich erschrocken und enttäuscht über die fast schon feindliche Haltung einiger Teilnehmer/innen auf alle, die tatsächlich oder vermeintlich nicht ganz genau auf Linie sind. Erster Adressat dieser Kritik ist die „Politik“:

Die Politik ist an allem schuld

Bei einem Workshop stand der Besuch einer Bundestagsabgeordneten auf dem Programm. Diese war so ehrlich zu erzählen, dass sie sich nicht Tag und Nacht mit Inklusion beschäftigt und ich war so mutig, dies in der anschließenden Besprechung zu verteidigen – beides hätten wir nicht tun sollen.
Wie jede andere Gruppe haben Menschen mit Behinderungen das Recht, sich für ihre Belange einzusetzen und Forderungen gegenüber der Politik aufzustellen. Ich habe auch Verständnis für den Frust, dass noch nicht genug geschehen ist, eine „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“-Einstellung hilft aber nicht weiter.

Die Volkshochschulen sollen erst mal

Auch Einrichtungen der Erwachsenenbildung wie Volkshochschulen bekommen ihr Fett ab. Für Ditschek (2014) huldigen sie der Logik des ‚Matthäus-Prinzips“: „Wer hat, dem wird gegeben. Statt einer Willkommenskultur herrscht eine 'Komm-Struktur' vor: Wer kommt, der ist willkommen.“
Ich arbeite mit vielen Volkshochschulen und anderen Einrichtungen der Weiterbildung zusammen, ich habe noch nie erlebt, dass jemand gegenüber Menschen mit Behinderungen ablehnend war, im Gegenteil habe ich eine große Offenheit erlebt.
Auch bei den Gesprächen höre ich immer wieder eine Forderungsliste, die erfüllt werden muss, bevor man überhaupt an eine Kooperation mit anderen Einrichtungen denkt.
So berechtigt die Forderungen z.B. nach Bereitstellung von Assistent/innen und Gebärdendolmet-scher/innen und deren Angebot bereits bei der Planung ist, stellt dies für viele Planende ein unkalkulierbares Risiko bei der Programmgestaltung dar. Auch manche Äußerungen bei Kongress der Bundeszentrale, was die (Staat, Bildungseinrichtungen etc.) erst mal zu erfüllen haben, bevor es eine Zusammenarbeit gibt, führt aus meiner Sicht häufig dazu, dass die Bildungseinrichtungen die Herausforderung (und die Chancen!) von gemeinsamen Bildungsangeboten erst gar nicht annehmen.

Besser nicht optimale Angebote als gar keine Angebote

Seit dem Erscheinen meines Beitrags 2004 haben wir einiges verändert, um die Seminare inklusiv zu machen: Einige Veranstaltungen finden in den Räumlichkeiten der Volkshochschulen, durch gemeinsame Besuche von Politiker/innen und Parlamenten wollen wir Menschen zusammenbringen. Einige Forderungen, z.B. die Bereitstellung von Assistent/innen und Gebärdendolmetscher/innen erfüllen wir in der Regel aber nicht. Ein Satz meines Artikels von 2004 gilt auch heute noch: Die Alternative zu diesen Angeboten sind keine Angebote, die diese Anforderungen erfüllen, sondern gar keine.

Literaturhinweise


Informationen zum Kongress:
http://www.bpb.de/lernen/projekte/inklusiv-politisch-bilden/213818/kongressdokumentation

Ditschek, Eduard Jan (2014): „Betroffenheit als Voraussetzung“, in: Bundeszentrale für politische Bildung: Werkstatt inklusiv, http://www.bpb.de/lernen/projekte/inklusiv-politisch-bilden/180223/betroffenheit-als-voraussetzung.

Lutz, Jürgen (2004): „Integrative politische Bildung – eine Quadratur des Kreises?“ in: Anna Rieg-Pelz (Hg) „Mitdenken – Mitreden – Mitwirken. Politische Bildung mit allen und für alle Menschen“, Erwachsenenbildung konkret 8, 2004, S. 24-32

Dienstag, 15. August 2017

Wählen gehen - Wahlprogramme kurzgefasst und in leichter Sprache


Wählen ist das zentrale Grundrecht in einer Demokratie. Die Beteiligung an Wahlen ist deshalb für die Inklusion wichtig.
Bis zur Bundestagswahl wird es zahlreiche Informationen von Parteien und Medien geben. Wer sich nicht die Mühe machen möchte, die ganzen Wahlprogramme zur Bundestagswahl zu lesen, hat verschiedene Möglichkeiten.

Zusammenfassungen von Wahlprogrammen

Etliche Seiten bieten Zusammenfassungen der Programme, z.B. die Landeszentrale für politische Bildung

Für die 6 größten Parteien bietet die LpB jeweils eine Zusammenfassung


 

 

Für die Twitter-Generation gibt es von den Parteien selbst erstellte Zusammenfassungen in 140 Zeichen.  

Wahlprogramme in leichter Sprache 

Toll finde ich, dass alle aktuell im Bundestag vertretenen Parteien ein Wahlprogramm in leichter Sprache herausgegeben haben.

 




Sonntag, 6. August 2017

Informationen – die Landeszentrale für politische Bildung

Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat sich in den letzten Jahren intensiv mit inklusiver politischer Bildung beschäftigt. Sie unterstützt Veranstaltungen zu Wahlen und hat einige Broschüren herausgebracht.


Broschüren zur Bundestagswahl

Unter Publikationen/Shop stehen unter „Alle Produkte“ die Angebote zur Bundestagswahl.
Besonders empfehlen kann ich:
Wahl-Hilfe: Bundestagswahl in leichter Sprache
Eine Besonderheit ist der Leitfaden für Assistenzkräfte. Neben inhaltlichen Informationen erhalten Unterstützer/innen kompakte Informationen, wie sie die von ihnen betreuten Menschen unterstützen können und sollen. 
Auch zu früheren Wahlen hat die Landeszentrale Broschüren herausgebracht, u.a. zur Landtagswahl und 2014 zur Europawahl und Kommunalwahl.

Handreichung für leicht verständliche Seminare

Eine tolle Broschüre hilft Dozent/innen bei der Vorbereitung von Seminaren. Nach einer Einleitung über pädagogische Überlegungen folgt die Beschreibung von 13 Übungen und Übungsideen, wie politische Inhalte vermittelt werden können. Auch diese Broschüre können Sie kostenlos bestellen oder herunterladen.

Zeitschrift „Der Bürger im Staat“ zu Inklusion

Die Zeitschrift „Der Bürger im Staat“ beschäftigte sich 2016 mit dem Thema Inklusion.
Die Autor/innen beschäftigten sich mit dem Begriff Inklusion und der Umsetzung bei Arbeitsmarkt, Schule, Wohnen und  Sport. In meinem Beitrag „Politische Bildung mit Menschen mit Behinderungen“ erläutere ich, wie inklusive politische Bildung funktionieren kann. Besonders geeignet sind Wahlen und Besuche von Politiker/innen. Bei der Methode ist auf leichte Sprache zu achten. Hier können Sie die Zeitschrift herunterladen.

Dienstag, 1. August 2017

Einfach wählen gehen - eine Bilanz nach den ersten Veranstaltungen

Für die Wahlkämpfer/innen beginnt die heiße Phase erst, aufgrund der Sommerferien in Baden-Württemberg wird es für mich nach elf Veranstaltungen jetzt erst mal ruhiger. Lesen Sie dazu die Nachricht auf meiner Homepage.

Podiumsdiskussionen mit Fragen im Vorfeld

Zwei von vier Podiumsdiskussionen der Diakonie Stetten sind vorbei – eine ausführlichere Bilanz finden Sie in meinem Blog zur Bundestagswahl. Positiv ausgewirkt hat sich, dass die Teilnehmer/innen Fragen stellen konnten. Dazu habe ich die Verantwortlichen gebeten, in der Werkstatt bzw. den Wohngruppen nachzufragen. Die Fragen hatten eine große Bandbreite und reichte von Fragen wie „Was macht ein Politiker?“ hin zu Fragen nach den Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes.  Die Fragen erleichterten meine Vorbereitung und motivierten die Teilnehmer/innen zum Kommen. Außerdem wurde sichergestellt, dass auch Fragen von Teilnehmer/innen berücksichtigt, die sich nicht trauten, während der Veranstaltung zu fragen.
Die Diakonie Stetten berichtete auf der Homepage über die Veranstaltung in Lorch und auf der Facebook-Seite über die Veranstaltung in Bad Cannstatt.
Eine ausführlichere Analyse der Podiumsdiskussionen finden Sie in meinem Blog zur Bundestagswahl.

Seminare

Bisher haben neu Seminare und Informationsveranstaltungen stattgefunden. Das Erfreulichste  – mit einer Ausnahme haben alle Seminare stattgefunden – und waren gut besucht! Eine ausführlichere Analyse finden Sie in meinem Blog zur Bundestagswahl
Bei den Seminaren mit vorheriger Anmeldungen haben zwischen 10 und 20 Personen teilgenommen.. Einige der Teilnehmer/innen waren sehr gut informiert, sodass der Schwerpunkt auch inhaltlichen Diskussion und nicht so sehr auf Erklärung zur Wahl lag.
Die drei Seminare für die Johannes-Diakonie Mosbach sowie das Seminar in den Backnanger Werkstätten der Paulinenpflege fanden während der Arbeitszeit statt – die Mitarbeiter/innen konnten ihre Arbeit also unterbrechen. Dies war sicher ein wichtiger Grund, warum jeweils über 50 Personen teilgenommen haben. Diese Seminare dauerten jeweils rund 60 Minuten.
Die bisher außergewöhnlichste und mit 150 Teilnehmer/innen größte Veranstaltung war bei der  Berufsschule der Paulinenpflege in Winnenden. Hier herrschte Anwesenheitspflicht, aber – wie der Verantwortliche zurecht sagte – kann man junge Erwachsenen durchaus zumuten, sich 30 Minuten mit einem Grundrecht zu beschäftigen.
Eine ausführlichere Analyse der Seminare finden Sie in meinem Blog zur Bundestagswahl.

Fazit – von Politikverdrossenheit keine Spur

Rund 500 Teilnehmer/innen bei elf Veranstaltungen ist ein schöner Erfolg und zeigt, dass das Interesse bei Menschen mit Behinderungen groß ist. Die Veranstaltungen wurden federführend von Trägern der Behindertenhilfe (und in deren Gebäuden) veranstaltet, sicher eine wichtige Erklärung für das Zustandekommen.
Bei den Podiumsdiskussionen hat sich bewährt, dass die Teilnehmer/innen vorab Fragen einreichen konnten. Dies hat meine Planung erleichtert und die Menschen zur Teilnahme motiviert. Bei den Seminartypen gibt es gute Gründe für beide Typen: Ein Seminar in überschaubarer Größe ermöglicht intensive Diskussionen, bei größeren Veranstaltungen kann man viele Menschen erreichen.