Donnerstag, 20. November 2025

Wie steht es um die Inklusion in Deutschland?

In einer Ausgabe der Reihe „Aus Politik und Zeitgeschichte“ der Bundeszentrale für politische Bildung geht es um den Stand der Inklusion in Deutschland. Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 hat sich Einiges getan, es gibt aber auch einige Kritik, vor allem bei Bildung und Geseundheit. 

Meine behinderte Zukunft 

Rebecca Maskos beschreibt in ihrem Beitrag „Meine behinderte Zukunft“ ihre Situation als Frau mit Körperbehinderung. Trotz Fortschritten muss sie und andere sich alles weiterhin erkämpfen: Würdevolles Altern, Daseinsfürsorge, Barriereabbau und umfassende Inklusion müssen nach wie vor erkämpft werden – trotz gesamtgesellschaftlicher Relevanz.

Der Faschismus in den Köpfen 

Dagmar beschreibt in ihrem Beitrag den Faschismus in den Köpfen: Menschen mit Behinderung waren keineswegs „vergessene“, sondern vielmehr aggressiv verleugnete Opfer. Bereits in der Zeit vor dem Nationalsozialismus wurden Menschen hierarchisiert. Menschen mit Behinderungen galten als bildungsunfähig und Pflegefälle. Manche träumten von einer behindretenfreien Nation. Diese Vorurteile wurden durch den Nationalsozialismus aufgenommen und verschärft. Die Autorin fordert deshalb einen umwälzenden Perspektivwechsel, um sowohl Gedenkpolitik als auch ein neues Menschenbild in die Fürsorge- und Bildungspraxis umzusetzen.

Historische Inklusionserfolge?

Sebastian Schlund berichtet in seinem Beitrag über historische Erfolge bei der Inklusion. Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen ist historisch wie zeitgenössisch ein Aushandlungs-prozess. Dabei ging und geht es einerseits um verschiedene Definitionen von Behinderung und andererseits um die Frage, für wen welche Art der Teilhabe gilt. Er bezeichnet Inklusion als Daueraufgabe. Die Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention ist ein juristischer, symbolischer und gesellschaftspolitischer Erfolg – muss aber noch in der Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen ankommen. 

Inklusion auf dem deutschen Arbeitsmarkt 

Christoph Metzler beschriebt die besonderen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit liegt mit 11,6 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. Obwohl sie häufig gut ausgebildet sind, haben sie Probleme. Arbeitgeber sollten deshalb das vorhandene Potenzial besser ausschöpfen und auf die Bedürfnisse der Beschäftigten eingehen. Dazu zählt auch das Zukunftsthema Künstliche Intelligenz. Sie könnte für Menschen mit Behinderung neue Chancen bieten. 

Inklusive Schulbildung in Deutschland 

Sophia Falkenstörfer beschreibt den Zustand der inklusiven Schulbildung in Deutschland. Trotz Verpflichtung zur Umsetzung der schulischen Inklusion wird in Deutschland weiter am Förderschulsystem festgehalten. Die Zahl der Schüler mit „sonderpädagogischem Förderbedarf“ ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. 71 % dieser Schuler verlassen die Schule ohne Hauptschulabschluss – der Weg in die Werkstätten als nächste exkludierende Sonderwelt ist vorgezeichnet. Sie fordert eine konsequent umgesetzte schulische Inklusion, die Ressourcen sinnvoll bündeln und die Regelschulen entlasten könnte. 

Inklusive Bildung – und dann? 

Amelie Labsch und andere Autor*innen präsentieren die Ergebnisse der INSIDE-Studie. Sie zeigt, dass sich die gelebte Inklusion sehr stark unterscheidet. 

Inklusion als Menschenrecht 

Theresia Begener und Maria del Pilar Andrino Garcia beschreiben die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Sie war Impulsgeberin für Inklusion als Menschenrecht. Inklusion ist Prinzip, Bestandteil und Weiterentwicklung eines der wichtigsten Menschenrechte – das Recht auf Gleichberechtigung. 
Die Umsetzung wird durch eine Staatenüberprüfung  bewertet. In beiden Verfahren 2015 und 2023 erhielt Deutschland Lob, wurde aber auch massiv kritisiert, besonders im Bildungs- und Gesundheitswesen.
Heime und besondere Wohneinrichtungen sowie Werkstätten für behinderte Menschen tragen seit Dekaden dazu bei, dass Inklusion in Deutschland scheitert. Dringenden Handlungsbedarf gibt es auch in den Bereichen Wohnung, Beschäftigung und Gesundheit. 
Für die schleppende Umsetzung machen die Autorinnen die traditionellen Sondereinrichtungen und Formen der Leistungserbringung verantwortlich. Sie werden erhalten und fälschlicherweise als Inklusion beschönigt.