Anlässlich des Einzugs der ersten gehörlosen Abgeordneten in den Bundestag fragt Florian Kappelsberger in der Süddeutschen Zeitung, wie barrierefrei der Bundestag ist.
Nur wenige Menschen mit Behinderungen im Bundestag
Im Bundestag sitzen nur wenige Menschen mit Behinderung. Mit Heike Heubach ist nun die erste gehörlose Abgeordnete in den Bundestag nachgerückt. Sie verständigt sich mit Gebärdensprache. In den letzten Jahren hat sich einiges getan: Ein Dolmetscherteam für Gebärdensprache begleitet sie, bei Bedarf stehen auch Bildtelefone, blindengerechte Tastaturen oder Assistenten zur Verfügung.
Heike Heubach ist bisher zufrieden, die Verwaltung ist engagiert und sie konnte überall teilnehmen.
Kritik an fehlender Barrierefreiheit
Stephanie Aeffner, die erste Frau im Rollstuhl im Parlament, ist weniger zufrieden. Immer wieder muss sie Umwege nehmen, auch hat sie noch keine normgerechte Rollstuhltoilette gefunden im Bundestag gefunden. Auch im Plenum trifft sie immer wieder auf Hindernisse. Der Behindertenbeauftragte verweist, dass die Bedarfe ebenso vielfältig sind wie die Einschränkung.
Hindernisse auch außerhalb des Parlaments
Auch außerhalb des Parlament gibt es Hindernisse, der Personalmangel ist massiv, so kommen auf mehr als 80 000 gehörlose Menschen nur 800 Dolmetschende. Auch die Reiseplanung ist aufwändig, da Hilfe beim Zustieg nicht immer verfügbar ist. Im Parlament sind Menschen mit Behinderungen unterrepräsentiert, in der letzten Legislaturperiode gab es nur 23. Allerdings ist die Zahl nicht klar zu bestimmen, da einzelne Abgeordnete möglicherweise nicht an die an die Öffentlichkeit treten.
Defizite in der Lokalpolitik
In der Lokalpolitik hatte Heike Heubach mit größeren Problemen zu kämpfen, so stand ihr im Stadtrat kein Dolmetscher zur Verfügung. Dies kann ein Problem sein, denn Politik beginnt an der Basis. Zudem beklagt Aeffner die Hindernisse in den Köpfen. Im Wahlkampf wurde sie oft gefragt, ob sie den Job überhaupt machen kann. Häufig würden Menschen mit Einschränkungen, die sich politisch engagieren wollen, einfach nicht ernst genommen.
Begegnungen wichtig
Für den Behindertenbeauftragten Jürgen Dusel will Begegnungen schaffen: Indem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam zur Schule gehen, Alltag teilen, zusammen Politik gestalten. Der Bundestag als politisches Zentrum des Landes sollte hier Vorbild sein.