Die Süddeutsche Zeitung berichtet über eine junge Frau mit fetalem Alkoholsyndrom, die es nach langem Kampf zu einem festen Job in einem Friseurbetrieb geschafft hat. Viele Betriebe umgehen die Schwerbehindertenquote immer noch.
Jeder Mensch hat einfach verdient, eine Zukunft zu haben
Über Umwege kam Catrin zum Friseursalon, denn die erste Ausbildung zur Hotelfachfrau brach sie ab. Zunächst übernahm die Agentur für Arbeit die Ausbildungsvergütung, jetzt hat sie eine Festanstellung. Die junge Frau hat ein Fetales Alkoholsyndrom und damit eine Schwerbehinderung.
Eine Friseurin, die nebenberuflich am Berufsförderzentrum erkannte das Potential und sagt zurecht:
„Jeder Mensch hat einfach verdient, eine Zukunft zu haben. Und wenn nicht hier in Deutschland, wo dann?“
Hohe Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Schwerbehinderung
In Deutschland leben rund 7,8 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung. 11,5 Prozent von ihnen sind arbeitslos. Und das, obwohl sie überdurchschnittlich qualifiziert sind – die Hochschulabschlussquote liegt bei Arbeitslosen mit Behinderungen knapp 10 Prozent über der von Arbeitslosen ohne Behinderung. Trotz allem ist die Arbeitslosenquote bei ihnen fast doppelt so hoch. Trotz der Verpflichtung zur Einstellung von Schwerbehinderten, beschäftigt jedes vierte Unternehmen keinen einzigen Menschen mit Behinderung – ein Viertel von den mehr als 170 000 beschäftigungspflichtigen Unternehmen in Deutschland.
Umstrittene Quote
Die Quote ist umstritten, denn Unternehmen können sich freikaufen. Seit Beginn des Jahres liegt die Ausgleichsabgabe bei 720 Euro, dafür wurde das Bußgeld abgeschafft, das bei vorsätzlichem Vorgehen verhängt werden könnte. Der Friseursalon muss die Quote nicht umsetzen, da sie weniger als 20 Beschäftigte haben. Dennoch nimmt sie regelmäßig Praktikanten vom Berufsförderzentrum auf. Die Chefin zweifelt an den Quoten: „Die Chefs müssen erst einmal davon abkommen, dass Gewinnoptimierung das oberste Ziel ist.“
Deutschland tut zu wenig für Menschen mit Behinderung
Die Vereinten Nationen bescheinigten Deutschland zahlreiche Mängel bei der Umsetzung des UN-Behindertenrechtskonvention. Barrierefreies Bauen ist immer noch nicht verpflichtend, Kinder und Jugendliche haben immer noch Schwierigkeiten, eine Ausbildung und einen Job zu finden.
Unterstützung für Unternehmen
Führen Kürzung zu mehr Menschen in Behindertenwerkstätten?
Ein Unternehmen in Nürnberg zeigt, dass die Einstellung von Menschen mit Behinderungen ein Vorteil darstellen können: „Der Zusammenhalt im Team größer als je zuvor“. Er fordert weniger Bürokratie und Unterstützung bei der Einstellung und Betreuung. Nun drohen Kürzungen bei der Arbeitsmarktförderung. Die Autoren befürchten, dass dann noch mehr Menschen in Behindertenwerkstätten arbeiten. Aktuell sind in dort 300 000 Menschen beschäftigt, die monatlich nur 250 Euro verdienen. Nur 0,3 Prozent der Beschäftigten schaffen es pro Jahr, in einen regulären Job zu wechseln. Die Grünen-Abgeordnete Katrin Langensiepen nennte dies das „bestausgeweitete Billiglohn-Modell der EU“.