Bei meinen Seminaren für Menschen mit Behinderungen versuche ich, leichte Sprache zu verwenden. Auch in meinen Artikeln und zuletzt bei der Erstellung einer Hilfestellung zur Durchführung europapolitischer Bildungsangebote steht das Thema im Mittelpunkt.
Leichte Sprache ist keine einfache Sache
Leichte Sprache ist keine einfache Sache, wie Seitz (2014) zu Recht feststellt: „Es geht darum, Zugänge zu komplexen Sachzusammenhängen zu ermöglichen, die Zusammenhänge aber nicht unangemessen zu vereinfachen, sondern auf das Wesentliche hin zu konzentrieren, gewissermaßen eine Essenz des Textes zu erschließen.Viele Internetseiten bieten mittlerweile Versionen in einfacher Sprache und insbesondere vor Wahlen bieten sowohl Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung und auch Parteien Informationen in leichter Sprache.
Informationen für ein selbstbestimmtes Leben
Leichte Sprache kann damit Menschen mit Behinderungen helfen, sich Zugang zu Informationsinhalten zu verschaffen, es ist ein „Schlüssel zur Enthinderung der Gesellschaft und zu mehr Selbstbestimmung“ (Aichele 2014: 15). Leichte Sprache sichert den Teilnehmenden „den Zugang zu einem Wissen, das notwendig ist, um eigene Rechte zu vertreten und ein selbstbestimmtes Leben führen zu können“ (Seitz 2014: 5).Chancen und Gefahren leichter Sprache
Aber es gibt auch kritische Stimme, so befürchtet Zurstrassen (2015: 130ff), dass leichte Sprache Exklusion sogar verfestigen könnte. Sie sieht durch die Sozialisierung in Richtung leichter Sprache eine Ausgrenzung, die Entwicklungschancen einschränkt und verweist auf die Gefahr von interpretativen Übersetzungen. In der Tat entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass sich im Rahmen der Inklusionsdebatte eine eigene Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt hat. Die leichte Sprache hat sich zu einem Wirtschaftszweig entwickelt, bei dem Übersetzungsbüros viel Geld verdienen können.Ich sehe überwiegend Chancen, denn der Einsatz von leichter Sprache anstelle von Fachchinesisch oder guter Erklärung von notwendigen Fremdwörtern könnte allen Menschen das Verständnis für Politik erleichtern (Lutz 2016). die Vermeidung oder gute Erklärung von Fremdwörtern und die Verwendung von Bildern und Symbolen bei Präsentationen.
Beliebte Broschüren in leichter Sprache
Das Interesse an den Broschüren in leichter Sprache ist riesig und spricht offensichtlich auch Menschen an, die eigentlich gar nicht zur Zielgruppe gehören. Vielleicht können auf diesem Weg auch andere sogenannte politikferne Schichten erreicht werden. Dasselbe gilt für Parteiprogramme: wer hat schon Zeit und Lust alle ausführlichen Programme zu lesen? Und außerdem: wer es nicht schafft in leichter Sprache zu überzeugen schafft es vermutlich auch nicht mit dem „richtigen“ Programm.Besonders populär sind Broschüren zur Wahlen, mit der Reihe „einfach Politik“ bietet die Bundeszentrale für politische Bildung auch Informationen zu anderen Themenfelder, so z.B. zu Europa und dem Thema Asyl.
Literaturhinweise
Aichele, Valentin (2014): Leichte Sprache – Ein Schlüssel zu „Enthinderung“ und Inklusion, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 9-11/2014. Leichte und Einfache Sprache, S. 19-25.Bundeszentrale für politische Bildung (2015): einfach Politik: Ein Heft über: Die Europäische Union.
Bundeszentrale für politische Bildung (2016): einfach Politik: Flucht und Asyl.
Lutz, Jürgen (2016): Politische Bildung mit Menschen mit Behinderungen. In Der Bürger im Staat, 2016/1, Seite 74-80.
Seitz, Simone (2014): „Leichte Sprache? Keine einfache Sache“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 9-11/2014. Leichte und Einfache Sprache, S. 3-6.
Zurstrassen, Bettina (2015): „Inklusion durch Leichte Sprache? Eine kritische Einschätzung“, in: Dönges, Christoph/ Hilpert, Wolfram/ Zurstrassen, Bettina (Hg,): Didaktik der inklusiven politischen Bildung, S. 126-138.