Samstag, 11. Oktober 2025

Verhaltensauffälligkeiten sind nur selten angeboten

In einem Interview im SPIEGEL kritisiert die Inklusionsforscherin Vera Moser die Förderpädagogik: „Lernschwächen oder Verhaltensauffälligkeiten sind nur im Ausnahmefall angeboren“. 

Anzahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf steigt 

Zur Zeit haben mehr als 600.000 Schüler*innen einen Förderdiagnose – mit 7,5 % sind dies mehr als 2000 mit 5,3 %. Nur ein Bruchteil hat eine klassische Behinderung, ein Drittel fällt unter die Kategorie Lernen, eine weitere Gruppe unter „Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung“, landläufig ist oft von „verhaltensauffälligen“ Kindern die Rede. 

„Zieldifferenter Unterricht“ führt zu Stigmatisierung 

Vera Moser kritisiert dieses System als aufwendig, teuer und stigmatisierend. Dazu kommen fragwürdige Diagnosen – allein beim „Förderschwerpunkt Lernen“ gibt es bis zu neun verschiedene Förderschwerpunkte. Oft werden die Kinder bei dieser Unterstützung vom Rest der Klasse getrennt. In diesem „zieldiffererenten Unterricht" bekommt das Kind andere Aufgaben, während der allgemeine Unterricht sich nicht verändert – manchmal werden Eltern sogar gebeten, ihr Kind zu Hause zu lassen, wenn der Teilhabeassistent ausfällt. 

Viele verlassen Förderschule ohne Hauptschulabschluss 

Die Diagnose bildet auch oft die Grundlage, um Kinder in die Förderschule zu schicken. Obwohl diese Förderschulen der UN-Behindertenrechtskonvention, halten viele Bundesländer daran fest. Die Förderschulen bieten einen Schonraum und kleinere Klassen, am Ende verlassen aber drei Viertel die Förderschule ohne Hauptschulabschluss. Damit haben sie kaum Chancen, auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden.

Inklusionsparadox: höhere Inklusionsquote und weiterhin Förderschulen 

Viele Eltern wünschen sich eine inklusive Beschulung, sehen aber, dass dies an Regelschulen kaum möglich ist. Diese fühlen sich nicht verpflichtet, da es ja den Plan B der Förderbeschulung gibt, der übrigens auch enorme Ressourcen bindet. In den Schulen bekommen Kinder zunehmend ein „Förderetikett, sodass die Inklusionsquote steigt. Gleichzeitig gehen andere Kinder wie gehabt in Förderschulen. Die Wissenschaftlerin spricht deshalb vom Inklusionsparadoxon .

Der Fehler steckt im System 

Jede Förderdiagnose trägt dazu bei, Regelschulen zusätzliche personelle Ressourcen zu verschaffen. Viele Lehrkräfte erhoffen sich nachvollziehbarerweise Entlastung. 
Moser hält es für plausibel, dass angesichts vieler Krisen heute mehr Kinder Förderbedarf haben, kritisiert aber die unspezifischen und teilweise veralteten Gutachten. Studien zeigen einen Zusammenhang zur sozialen Herkunft: Kindern von armutsgefährdeten Eltern mit geringem Bildungsgrad wird überdurchschnittlich häufig sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert. In den letzten Jahren stiegen auch die Zahlen von Kindern mit Migrationsgeschichte und von Jungen. 

Förderbedarf hat mit sozialen Problemen zu tun

Wenn ein Viertel der Schüler*innen am Ende ihrer Schulzeit nicht die Grundkompetenzen in Mathe und Deutsch eines Grundschülers hat, ist das Problem offensichtlich größer: Lernschwächen oder Verhaltensauffälligkeiten sind nur im Ausnahmefall angeboren, das heißt, sie entstehen im Laufe der Entwicklung der Kinder. 

Starke Beharrungstendenzen des Systems 

Moser betont, dass viele Lehrer*innen mittlerweile für das Thema sensibilisiert sind, durch Überlastung können sie sich aber kaum um das Thema kümmern. Außerdem sieht sie starke Beharrungstendenzen gegen Innovationen im Schulsystem. Hinzu kommen historische Gründe: Das Förderschulsystem geht auf ein Gesetz aus der NS-Zeit zurück, erst seit 1994 gibt es die Möglichkeit der gemeinsamen Beschulung. 

Umstrittene Rechtslage zur Diskriminierung 

Das Bundesverfassungsgericht urteilte bei einer Klage, dass Förderschulen nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, wenn man gut begründen könne, dass es für ein Kind woanders eben keinen geeigneten Plätze gebe. Das ist bis heute die Rechtslage, trotz Behindertenrechtskonvention und trotz der empirischen Befunde, wonach sich die schulischen Leistungen in inklusiven Schulen für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf besser entwickeln als an Förderschulen. 

Unterschiedliche Bedürfnisse und Voraussetzungen berücksichtigen 

Moser fordert, dass jede Regelschule so aufgestellt sein muss, dass sie die unterschiedlichen Bedürfnisse und Voraussetzungen von Kindern beim Lernen berücksichtigt. Dazu gehören passgenaue Lernangebote und die systematische Beobachtung von Lernfortschritten. So würde man Kindern mit Lernschwierigkeiten eher gerecht, ohne sie zu stigmatisieren und ohne aufwendige externe Diagnoseverfahren. 

Soziale Teilhabe ist ein Menschenrecht 

Moser bezweifelt, ob es so kommt, die AfD setzt auf Förderschulen und auch die Union unterstützt nur halbherzig. Die UN-Behindertenrechtskonvention macht aber deutlich, dass Teilhabe keine generöse Geste ist: Soziale Teilhabe ist ein Menschenrecht.

Donnerstag, 11. September 2025

Die Fantasie vom schönen Volk

In einem Interview in der TAZ berichtet die Historikerin Dagmar Herzog in einem Interview über rechte Körperpolitik: Die Fantasie vom schönen Volk. Dabei kritisiert sie die AfD scharf: Für sie gehören Behindertenfeindlichkeit und Rassismus zusammen. 

Die Freude, andere zu erniedrigen 

Den faschistischen Körper ist für Richter ein Wunschtraum des Dritten Reichs. Er empfindet Freude daran, andere zu erniedrigen. Die Nazis prägten das Bild des schönen, starken und gesunden Volks, das seine Schwachen abtötet. Bereits den Kindern wurde beigebracht, gemein gegenüber Schwächeren zu tun, eine Einladung an Schadenfreude, in dem enthemmte Gewalt gegen Minderheiten straffrei bleibt. Aufgrund des globalen Aufstiegs autoritärer Bewegungen sieht Herzog einen neuen Faschismus: ein Regime, das sich gegen menschliche Werte wie Freiheit, Gleichheit, Empathie und Solidarität steht. 

AfD obsessiv behindertenfeindlich 

Im Unterschied zu anderen rechten Parteien ist die AfD besonders behindertenfeindlich. Es beginnt mit dem Kalkül am Schlechtreden von Inklusion: Wenn man Menschen mit Beeinträchtigungen wieder aus dem Blickfeld der Kinder bringt, dann lernen sie gar nicht erst die Empathie und die Solidarität, die ein wichtiger Teil des Menschseins sind. Mit Slogans wie „Leistungsschule statt Kuschelunterricht“ propagiert die Überheblichkeit gegenüber Menschen mit Beeinträchtigungen. 
Die Historikerin kritisiert die Besessenheit mit Fragen des IQs und verweist auf Springer-Chef Döpfner, der forderte, Deutschland müsse jüdischer – damit meint er klüger – werden muss. Das Stimulieren von Ekel wird gern kombiniert mit dem Angstschüren vor den hohen Kosten, die Fürsorge für Menschen mit Behinderung für die Allgemeinheit bringt. 

Behindertenfeindlichkeit mit langer Tradition 

Bereits nach dem 1. Weltkrieg gab es eine Debatte über die angelbliche Verblödung und die Überzeugung, dass rund ein Drittel nicht gut genug sei, Kinder zu bekommen. Dies erklört die hohe zahl an Sterilisationen. Die Rechten haben den Begriff Remigration in die Welt gesetzt, aber auch andere Parteien reden, dass nur die bleiben dürfen, die fleißig arbeiten. 

Behindertenfeindlichkeit und sexy Rassismus 

Die AfD verbindet Behindertenfeindlichkeit mit Rassismus wie die AUotrin am Beispiel der Wahlplakate zu Burkas, die mit erotischen Komponenten wie „Neue Deutsche? Machen wir selber“ verbunden wurden. Sie sieht darin Verbindungen zu Zeichnungen in der Nazi-Zeit. Jede Epoche hat ihren eigenen Faschismus. Unsere heutige ist gekennzeichnet durch Widersprüchlichkeit: Für jeden Wähler gibt es eine andere Botschaft. „Faschismus funktioniert als Erlaubnisgeber: Man darf gemein sein und überheblich. Man muss nicht mehr „Gutmensch“ sein. Oder teilen.

Wenig Hoffnung 

Ein mögliches AfD-Verbot könnte demokratischen Parteien verschaffen. Rückblickend hätte die USA härter durchgreifen müssen, „Jetzt haben wir einen Präsidenten-Diktator. Sie hat wenig Hoffnung, dass die Schäden repariert werden können: Der Faschismus bleibt ja in den Herzen hängen, in den Seelen. Die Leute sind wirklich desorientiert.

Samstag, 23. August 2025

Meine Online-Angebote zur Inklusion

Ich habe die freien Wochen genutzt, um meine Online-Angebote im Bereich Inklusion auszuweiten. Neben diesem Blog sind dies Blogs zur Landtagswahl und zu einer Seminarreihe und mein aktualisierter YouTube-Kanal. 

Landtagswahl 2026 

Zur Landtagswahl 2026 habe ich einen Blog erstellt: . In den bisherigen Einträgen biete ich Rückblicke auf meine bisherigen Aktivitäten, meine Angebote zur Wahl und Informationen zu Land und Leuten. In den nächsten Monaten bis zur Wahl am 8. März werden noch weitere Informationen folgen. 

Allgemeinpolitik einfach erklärt 

Bereits seit 2022 biete ich Seminarreihen für ATRIO Leonberg. Zur Begleitung des Seminars habe ich einen Blog  erstellt. In den letzten Semesters haben wir verschiedene Reisen durch Europa und die Welt durchgeführt, in dem wir uns Land und Leute angeschaut haben. Für die Wahl in Landtagswahl sind die Informationen zur Baden-Württemberg besonders interessant. 

Mein YouTube-Kanal 

Auf meinem YouTube-Kanal präsentiere ich eigene Videos und Playlisten zu verschiedenen Themen, unter anderem Inklusion

Donnerstag, 14. August 2025

Wie Unternehmen Inklusion vermeiden – und davon auch noch profitieren

In der Süddeutschen Zeitung  haben Natalie Sablowski und Sabrina Ebitsch einen weiteren Artikel über Werkstätte für Menschen mit Behinderung geschrieben. In Beiträgen habe ich darüber berichtet. 
Auch das Politikmagazin Monitor berichtete über die Ergebnisse auf ihrer Facebook-Seite 

Ausgleichsabgabe wird umgangen 

Arbeitgeber in Deutschland müssen Menschen mit Behinderungen beschäftigen – oder Strafe zahlen. Doch es gibt eine Hintertür im Gesetz. Eine Datenanalyse zeigt, wie sich Betriebe Millionen sparen und wohin das Geld fließt.
Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitenden müssen mindestens 5 % ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung besetzen. Tun sie dies nicht, müssen sie eine Abgabe zahlen. 
Die Süddeutsche Zeitung, das inklusive Magazin andererseits und die Recherche-Plattform FragDenStaat haben gemeinsam recherchiert: Nur 39 Prozent der zur Beschäftigungsquote verpflichteten Betriebe erfüllen sie vollständig. Der Rest, knapp 111 000 Arbeitgeber, zahlt Ausgleichsabgabe.

Über 800 Millionen werden verteilt 

Eigentlich hätten die Firmen 900 Millionen Euro Ausgleichsabgabe, also Strafe zahlen müssen. Dies können sie aber umgehen, wenn sie Werkstätten beauftragen. Von den verbleibenden 816 Millionen gehen 18 Prozent an einen Ausgleichsfonds. Dieser finanziert über die Bundesagentur Eingliederung von schwerbehinderten Menschen auf den Arbeitsmarkt. Ein kleiner Teil geht an die Werkstätten zur „institutionellen Förderung“, der große Rest, knapp 670 Millionen Euro, entfällt auf die Integrations- und Inklusionsämter der Länder. Damit werden Integrationsfachdienste oder Inklusionsbetriebe finanziert, die besonders viele Menschen mit Behinderung einstellen.

Werkstätten sind umstritten 

Über Umwege landet also Geld wieder in den Werkstätten. Kritiker bezeichnen die Werkstätten als „Sonderarbeitswelten“, weil dort behinderte Arbeitnehmer eben nicht inklusiv, sondern getrennt von Nicht-Behinderten beschäftigt sind. Sie gehen davon aus, dass mindestens ein Drittel der rund 300.000 Menschen in Werkstätten in einem normalen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten könnten. 

Unternehmen profitieren mehrfach

Statt also im eigenen Betrieb Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen oder die Inklusion zumindest indirekt durch die Ausgleichsabgabe zu fördern, profitieren deutsche Unternehmen mehrfach von den Werkstätten: Sie sparen durch die reduzierte Abgabe, haben steuerliche Vorteile und können günstig produzieren lassen, was sonst mit höheren Kosten im Unternehmen selbst gefertigt werden könnte.

Kritik an der Ausgleichsabgabe

Im Jahr 2022 gingen 84 Millionen Euro an die Werkstätten. Mit diesem Geld könnte man mehr als 20.000 Arbeitsplätze in Büros so umbauen, dass Menschen mit Behinderung dort arbeiten können. Man könnte auch ein Jahr lang mehrere Tausend Helfer für Menschen mit Behinderung bei der Arbeit bezahlen. Manche Unternehmen müssen gar keine Abgabe mehr zahlen, weil sie Aufträge an Werkstätten vergaben - obwohl kein einziger Mensch mit Behinderung dort arbeitet. 

Gründe für die Zurückhaltung 

Neben den finanziellen Vorteilen vermuten Experten praktische Gründe für die Zurückhaltung. Die Beschäftigung in den Werkstätten ist einfacher statt den Arbeitsplatz anzupassen oder Förderung zu beantragen. Es gibt auch Vorurteile: Behinderung wird häufig gleichgesetzt mit nicht qualifiziert, nicht leistungsfähig. Das stimmt so nicht – unter den Arbeitslosen mit Behinderung ist der Anteil an qualifizierten Fachkräften höher als bei den anderen. 

Vorurteile abbauen 

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht deshalb auch im Abbau von Vorurteilen den ersten wichtigen Schritt. Der Pharmakonzern Merck erfüllt die Quote und freut sich über die hohe Motivation und die kreativeren Lösungen durch unterschiedliche Perspektiven. 
Eine Forderung ist, dass Firmen nicht mehr so einfach weniger Strafe zahlen, wenn sie Aufträge an Werkstätten vergeben. Außerdem sollten sich Werkstätten für den normalen Arbeitsmarkt öffnen. Das Angebot Budget für Arbeit beim Start in den Beruf wird bisher nur wenig genutzt. 

Freitag, 25. Juli 2025

Reise durch Deutschland geht im Norden zu Ende

Mit einem Seminar über den Norden endete unsere Reise durch Deutschland. Aus Anlass der Bundestagswahl haben wir dieses Mal Deutschland näher angeschaut. Es ist nach Baden-Württemberg, Europa und der Welt bereits die vierte Seminarreihe, die ich mit und für die VHS Stuttgart und ATRIO Leonberg organisiert und durchgeführt habe.

Die Bundestagswahl und die Folgen

Beim ersten Termin ging es um Fragen zu Deutschland. Ob Bevölkerungszahl, berühmte Deutsche oder Sehenswürdigkeiten – die meisten Fragen konnten die Teilnehmenden souverän beantworten. Intensiv diskutiert haben wir die Ergebnisse der Bundestagswahl, bei der erfreulich viele teilgenommen haben. Ich stellte die neue Regierung und ihre Vorhaben vor.
 

Deutschlands wechselhafte Geschichte

Beim Seminar zur Geschichte behandelten wir mit dem Nationalsozialismus auch die dunklen Seiten der Geschichte auch mit einem Bezug zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Umso erfreulicher ist die Entwicklung der Bundesrepublik, die sich trotz aller Probleme gut entwickelt hat.
 

Die Regionen Deutschlands und ihre Eigenheiten

Bei drei letzten Terminen stellte ich Bundesländer im Osten, Süden und Norden vor. Während schon einige in Berlin waren, waren die Bundesländer im Osten noch nicht so bekannt. Umso wichtiger war es mit Bildern auf die schönen Ecken hinzuweisen. Bei südlichen Ländern konnten viele über Ihre Erfahrungen in Bayern berichten – und natürlich unser eigenes (und schönstes) Bundesland Baden-Württemberg. Beim letzten Termin berichtete uns ein aus Hannover stammender Teilnehmer über die Vorzüge des Nordens: Fischbrötchen und Mettwurst, Bier und natürlich die Nordsee.
 

Ein erneuter Blick in die Welt

In meinem Blog werde ich die Ergebnisse dokumentieren. Im nächsten Semester geht die Reise weiter. Auf vielfachen Wunsch blicken wir im nächsten Semester nochmal in die Welt. Bei ATRIO leben Menschen aus vielen Nationen und ich hoffe, dass einige von ihnen bereit sind, ihre Heimatländer vorzustellen. Weitere Angebote zur Inklusion finden Sie hier.

Donnerstag, 17. Juli 2025

Diskutieren, Mitmachen, Verstehen – toller Aktionstag für Inklusion und Demokratie

Nachdem die Veranstaltung zur Kommunal- und Europawahl im letzten Jahr ein großer Erfolg war, haben wir an der Ludwig-Schlaich-Akademie wieder einen Aktionstag durchgeführt. Neben Demokratie und Mitbestimmun ging es dieses Mal um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Vorbereitet und durchgeführt wurden die Stationen von angehenden Arbeitserzieher*innen, unterstützt wurden sie durch Klient*innen der Diakonie Stetten.

Mitmachen und mitbestimmen

Im „Demokratie-Raum“ gab es vier Stationen: Anhand einer Präsentation wurden wichtige Aspekte der Demokratie erklärt. An einer Wand mit aufklappbaren Bildern ging es um Mitbestimmung im Alltag. Außerdem konnten die Gäste über ihre Lieblingsstation abstimmen. Besonders gefreut hat mich, dass auch ein Klient dabei war, der über seine Arbeit zu Grafeneck berichtet hat. Alle machten ihre Sache so toll, dass ich kaum zur Unterstützung gebraucht wurde – ein schönes Gefühl.

Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

In einem weiteren Raum hatten die Studierenden Stationen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vorbereitet. Von Arbeitsmitteln für Menschen mit Einschränkungen, unterstützte Kommunikation, Berufsplanung hin zur Simulation von Vorstellungsgesprächen konnten sich die Gäste informieren und mitmachen. An einem von den Studierenden erbauten Deutschland-Puzzle konnten die Besucher*innen ihre Kenntnisse über Bundesländer, Essen und Fußballvereinen beweisen. Das Ziel Inklusion gilt auch für die Freizeit. Vor dem Haus hatten Studierende und Vertreter eines inklusiven Fußballvereins eine Torwand so umgebaut, dass auch Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen sie bespielen konnten.

Ein Comedian, das VfB-Maskottchen und gutes Essen

Ein tolles Begleitprogramm rundeten den Tag ab. Der Comedian Kai Bosch brachte uns zum Lachen und Nachdenken. Das VfB-Maskottchen Fritzle probierte alle Stationen aus und stand auch für Fotos zur Verfügung. Das gefiel nicht nur mir als treuem VfB-Fan. Nicht zuletzt sorgte ein inklusives Team dafür, dass alle gut mit Essen und Trinken versorgt wurden.

Angebote zur Landtagwahl

Mit der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2026 gibt es den nächsten Anlass um über Demokratie und Mitbestimmung zu reden. Meine Vorschläge und den Stand der Planung finden Sie hier. Weitere Angebote zur Inklusion habe ich hier zusammengestellt.

Mittwoch, 25. Juni 2025

Wie barrierefrei ist das Internet?

Vivien Timmler analysiert in der Süddeutschen Zeitung, wie barrierefrei das Internet ist. Anlass ist ein Gesetz, das Betreiber zur Barrierefreiheit verpflichtet. 

Grenzen des Internets 

Für viele Menschen mit beeinträchtigten Sinnen ist das Internet nicht barrierefrei. Untersuchungen zeigen, dass sie an Grenzen kommen, weil plötzlich ein Video abgespielt wird, ein Fenster aufpoppt oder ein Mausklick notwendig ist. Ein Test der Münchner Stiftung Pfennigparade kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: nur ein Drittel der untersuchten Online-Shops ist barrierefrei – so ist Inklusion und soziale Teilhabe nicht möglich. 

Viele Menschen haben eine Einschränkung 

In Deutschland haben 7,8 Millionen Menschen eine anerkannte Schwerbehinderung. Viele von ihnen benötigen Mittel wie eine Tastatursteuerung, Braille-Zeilen oder eine Sprachausgabe, um sich im Internet zurechtfinden zu können. Auch für Menschen mit Sehschwäche und motorische Einschränkungen wäre eine Webseite mit vergrößerbaren Schriften und guten Kontrasten hilfreich. 

Regelung zeigt bisher wenig Wirkung 

Die EU hatte bereits 2019 eine Richtlinie erlassen, die Mitgliedstaaten verpflichtet, Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zugänglich zu machen. Deutschland hat dies im sogenannten Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes umgesetzt, am 28. Juni endet nun die Umsetzungsfrist. Webshop-Betreiber müssen mit Abmahnungen und Bußgeldern rechnen. 
Bisher hat sich wenig verbessert. Zunächst müssen nur Betreiber neuer Webseiten die Anforderung erfüllen, andere nehmen die Bußgelder in Kauf. 

Wie sieht eine barrierefreie Website aus?

Grundvoraussetzung für eine barrierefreie Seite ist, dass sie auch mit der Tastatur bedienbar ist. Optisch ist wichtig, dass die Elemente gut sichtbar sind und durch Kontraste gut lesbar ist. Der wichtigste Punkt für Experten ist für Experten aber eine eine Sensibilisierung für das Thema. Die neue Rechtslage allein hat das bislang nicht geschafft. Helfen könnte künstliche Intelligenz, mit der Beschreibungen für Bilder und Videos geniert und auf individuelle Bedürfnisse anpassbar macht.