Freitag, 19. Januar 2018

Mit Kooperationen zu erfolgreichen inklusiven Veranstaltungen

Wie können inklusive und zielgruppenspezifische Bildungsmaßnahmen zustande kommen  – und wie können Menschen zur Teilnahme motivieren werden?

Mit Kooperationen zu erfolgreichen inklusiven Veranstaltungen

Bisher sind es vor allem Einrichtungen der Behindertenhilfe, die politische Bildungsmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen durchführen,  in „öffentlich verantworteten Bildung wird sie bislang kaum wahrgenommen und findet allenfalls in Ausnahmefällen und marginalisiert statt“ (Acker-mann/Ditschek 2015: 238). Die Autoren fordern deshalb die Expertisen aus den Systemen Erwachsenenbildung und Behindertenhilfe zusammen zu führen (ebd.: 240).
Auch ich sehe in der Kooperation zwischen Volkshochschulen als eine der bedeutendsten Akteuren der Erwachsenenbildung und Einrichtungen der Behindertenhilfe großes Potential. Im Rahmen der Kooperation zwischen der Volkshochschule Unteres Remstal und der Diakonie Stetten sind in den vergangenen 15 Jahren über 70 politische Bildungsveranstaltungen zustande gekommen. Dazu zählen Abendseminare an der Diakonie Stetten, gemeinsame Veranstaltungen an Einrichtungen der Volkshochschule sowie gemeinsame Besuche bei Politiker/innen und Institutionen. Es gab und gibt berechtigte Kritik an diesem Vorgehen, u.a. weil viele Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Diakonie Stetten stattfinden (vgl. dazu Lutz 2004). Dennoch haben die Veranstaltungen einen Teil zur Stärkung der politischen Teilhabe beigetragen.

Warum wurden bisher so wenig Nachahmer gefunden?

Einerseits liegt die Verantwortung sicherlich bei Volkshochschulen und anderen Einrichtungen der allgemeinen Erwachsenenbildung, denn die „zunehmende Ökonomisierung auch der Weiterbildung bietet allzu oft … eine Begründung dafür, nicht auf diejenigen zugehen zu können, die Bildung am dringendsten benötigen.“ (Ditschek 2014). Andererseits könnte auch das Verhalten und den Ansprüchen mancher Vertreter/innen von Behindertenhilfen ein Hindernis darstellen. So berechtigt die Forderungen z.B. nach Bereitstellung von Assistent/innen und Gebärdendolmetscher/innen und deren Angebot bereits bei der Planung ist, stellt dies für viele Planende ein unkalkulierbares Risiko bei der Programmgestaltung dar. Auch manche Äußerungen bei Kongress der Bundeszentrale, was die (Staat, Bildungseinrichtungen etc.) erst mal zu erfüllen haben, bevor es eine Zusammenarbeit gibt, führt aus meiner Sicht häufig dazu, dass die Bildungseinrichtungen die Herausforderung (und die Chancen!) von gemeinsamen Bildungsangeboten erst gar nicht annehmen. Vor diesem Hintergrund plädiere ich für eine pragmatische Vorgehensweise, denn suboptimale Angebote (im Sinne der Erfüllung von Kriterien der Inklusion) sind besser als gar keine Angebote.

Wie können Menschen mit Behinderungen für politische Bildung motiviert werden?

Des Weiteren stellt sich die Frage, wie Menschen mit (und ohne) Behinderung zur Teilnahme an politischen Bildungsseminaren motiviert werden können. Ditschek (2014) kritisiert Einrichtungen der Erwachsenenbildung. „Die Menschen, deren Einschränkungen sie auch daran hindern, selbstbewusst und selbstmotiviert Bildung in Anspruch zu nehmen, treffen auf eine Erwachsenenbildung, die bewusst oder unbewusst der Logik des 'Matthäus-Prinzips' huldigt: Wer hat, dem wird gegeben. Statt einer Willkommenskultur herrscht eine 'Komm-Struktur' vor: Wer kommt, der ist willkommen.“ Auch wenn aus meiner Sicht dieser Vorwurf für viele engagierte Mitarbeiter/innen von Volkshochschulen nicht zutrifft, bleibt das bereits zuvor konstatierte Problem, dass viele Menschen durch die Angebote von allgemeinen Erwachsenenbildungseinrichtungen nicht erreicht werden.

Literatur

Ackermann, Karl-Ernst/Ditschek, Eduard Jan (2015): „Voraussetzungen, Ziele und Orte inklusiver politischer Erwachsenenbildung“, in: Dönges, Christoph/ Hilpert, Wolfram/ Zurstrassen, Bettina (Hg,): Didaktik der inklusiven politischen Bildung, 230- 242.

Ditschek, Eduard Jan (2014): „Betroffenheit als Voraussetzung“, in: Bundeszentrale für politische Bildung: Werkstatt inklusiv, http://www.bpb.de/lernen/projekte/inklusiv-politisch-bilden/180223/betroffenheit-als-voraussetzung.

Lutz, Jürgen (2004): „Integrative politische Bildung – eine Quadratur des Kreises?“ in: Anna Rieg-Pelz (Hg) „Mitdenken – Mitreden – Mitwirken. Politische Bildung mit allen und für alle Menschen“, Erwachsenenbildung konkret 8, 2004, S. 24-32.